Durch einen Hinweis in der Sudeten-Mailingliste kam ich auf einen kleinen, aber feinen Artikel von Radio Praha aus der Tschechei.

“Ahnenforschung in Tschechien – Nicht nur ein Hobby für Rentner” titelt der Sender den achtminütigen Bericht. Für mich als Genealogen, dessen Urgroßvater zwar aus der Tschechei kam, aber in dieser Linie noch nie geforscht hat ein nette Abwechslung dort mal reinzuhören …

Im allgemeinen bietet der Bericht zwar keine Neuigkeiten für Genealogen, aber für mich interessant zu hören wie die tschechischen Archive über die Entwicklung der Genealogie in den letzten Jahre berichten.

Die Bedeutung der Genealogie, also der Ahnenforschung, als historische Hilfswissenschaft wächst in Tschechien. Immer mehr Studenten besuchen Archive, um für Seminararbeiten Familienstammbäume zu erstellen. In den Archiven treffen sie aber auch viele Privatleute, denn auch die Genealogie als Freizeitbeschäftigung erfreut sich in Tschechien immer größerer Beliebtheit.

„Wenn ich nach Frankreich fahre, kann ich sagen, ich fahre nach Hause“, scherzt Luboš Hamouz, ein waschechter Tscheche aus dem mittelböhmischen Kladno.

„Wir haben im Archiv nach dem Ursprung unseres Familiennamens Hamouz gesucht. Er stammt von einem französischen Soldaten mit dem Namen d’Amos, der im Dreißigjährigen Krieg für den habsburgischen Kaiser gekämpft hat. Für seine Dienste erhielt er einen niederen Adelstitel und eine Grundherrschaft in der Nähe von Kladno. Er hatte viele Söhne, die auch wiederum viele Nachkommen hatten. Der in Tschechien ungewöhnliche Name Hamouz ist daher in unserer Gegend recht häufig. Das sind also eigentlich alles Verwandte.“

Luboš Hamouz war im vergangenen Jahr einer von etwa 1200 Besuchern des Staatlichen Gebietsarchives in Prag, das die Region Mittelböhmen abdeckt. Insgesamt sieben solcher Gebietsarchive gibt es in Tschechien. Sie sind die erste Anlaufstelle für Ahnenforscher, denn den größten Anteil ihrer Bestände nehmen historische Kirchenbücher ein. Darin sind Geburts- und Sterbedaten, Eheschließungen und manchmal sogar Gefängnisstrafen und Ähnliches festgehalten. Aufgaben, die heute Einwohnermeldeämter ausfüllen, lagen bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts in der Kompetenz der Pfarreien. In den letzten Jahren wächst in Tschechien das Interesse an den historischen Dokumenten, sagt Vladimíra Hradecká, Leiterin der Abteilung für das nationale Erbe im Gebietsarchiv Prag:

„Es kommen wirklich alle möglichen Leute. Früher waren das eher ältere Menschen, die einen Familienstammbaum erstellen wollten und sich dem Hobby erst in der Rente widmeten. Heute kommen auch viele Leute im so genannten ‚produktiven Alter’, die sich entweder nach Feierabend zwei Stunden Zeit nehmen oder sogar Urlaub für die Suche opfern. Die sitzen hier wirklich neun Stunden und gehen nur ab und zu aufs Klo oder eine Kleinigkeit essen. Aber sie arbeiten und arbeiten, weil sie von der Suche völlig ergriffen sind.“

Quelle: http://www.radio.cz/de/artikel/126290 (inkl. Audiobeitrag!)